Informationen rund um den Igel

Unsere Igel, diese nachtaktiven insektenfressenden Stacheltiere, gehören erdgeschichtlich zu den ältesten noch existierenden Säugetieren. Sie sind bereits im Tertiär, also einer Zeit vor 65.000.000 Jahren, nachgewiesen. Ein Wunder fast, dass er sich über die Jahrtausende retten konnte und umso tragischer, dass etwa 500.000 Igel pro Jahr in Deutschland überfahren werden. Unzählige verwaiste Säuglinge kommen qualvoll um. Agrarwüsten und Monokulturen bieten keine Nahrung und keinen Unterschlupf, noch vorhandene natürliche Lebensräume sind oft nicht miteinander vernetzt. In einigen europäischen Ländern steht der Igel (Erinaceus europaeus L.) bereits auf der Roten Liste der gefährdeten Tierarten. In Deutschland ist er durch das Bundesnaturschutzgesetz ganzjährig geschützt.
Und trotzdem ist der kleine stachelige Geselle viel zäher und lebensfähiger als die meisten es sich vorstellen können.

Wir bitten Sie deshalb: Sammeln Sie nicht jetzt schon jeden Igel auf, den Sie im Garten oder beim Spaziergang finden! Igel sind Wildtiere unserer Klimazone und wissen, wie sie den Winter überleben! Sie brauchen uns Menschen dabei nur ganz selten. Igel sind keine Haustiere, sie stehen unter strengem Naturschutz. Aber wir können dem Igel Hilfestellungen anbieten:

Die Gartenfreunde sind bald schon damit beschäftigt, ihre Flächen auf den Winter vorzubereiten. Schön ordentlich soll natürlich alles aussehen. Aber gerade das hat für den Igel verheerende Folgen! Der von vielen als putziger Geselle geliebte Igel benötigt einen entsprechenden Lebensraum. Zu viel Ordnung, Feuer und Gift sind dabei die größten Gefahren, die ihm durch den Menschen drohen.

Viele Gefahren, deren wir uns manchmal gar nicht bewusst sind, bedrohen die Gesundheit oder sogar das Leben der Stacheltiere. Bereits beim Mähen unter Sträuchern, Hecken und an unübersichtlichen Stellen werden viele Igel, die dort ihren Tagesschlaf halten, verstümmelt oder tödlich verletzt. Hohes Gras sollte man nur nach vorheriger Nachschau schneiden oder zu dieser Jahreszeit ganz darauf verzichten. Beim Umsetzen von Komposthaufen sollte vorsichtig zu Werke gegangen werden, da sonst die Stacheltiere aufgespießt werden können.

Das Gleiche gilt beim Verbrennen von Gartenabfällen. Liegt der Haufen bereits seit einigen Tagen, können sich verschiedene Kleinlebewesen darin aufhalten. Auch sie können beim Transport des Materials Schäden davon tragen. Geht man unvorsichtig zu Werke, werden die Igel sogar ein Opfer der Flammen.

Schon ein paar kleine Hilfestellungen können für den Igel sehr hilfreich sein. Ein kleiner Laubhaufen gewährt dem Igel einen Unterschlupf für den Winter. Man muss also nicht extra etwas tun, sondern einfach nur etwas unterlassen. Bei ihren Weg durch die Gärten können Igel schnell in Gruben, Löcher oder in den Pool fallen. Ein schräg gestelltes Brett ermöglicht dem kleinen Tier wieder den Weg in die Freiheit.

Treppen von Kellereingängen können ebenfalls zu einer tödlichen Falle werden. Hier reicht es dem Igel, wenn sich auf jeder Stufe ein Ziegelstein befindet. Diesen Höhenunterschied kann er überwinden. Gifte gegen Kleinlebewesen, beispielsweise Schneckengift, werden durch die Nahrungsaufnahme in den Körper der Stacheltiere weiter geleitet. Für den Igel ist es dann das Gleiche, als wenn ein Mensch eine Tasse Rizinusöl trinkt. Der Igel verliert sehr viel Flüssigkeit und geht elendig zugrunde. Auch frei laufende Hunde stellen eine Bedrohung dar. Es lohnt sich wirklich, um jeden Igel zu kämpfen.

Ab November bereiten sich auch die letzten Igel auf ihren Winterschlaf vor und viele Leute sammeln Igel ein weil sie glauben, dass die Tiere den Winter nicht überleben würden. Dabei wird leider häufig übersehen, dass die Tiere durch rechtzeitige Zufütterung durch den Menschen im Freien pro Tag 10-15 Gramm an Gewicht zunehmen können und so ihr notwendiges Überwinterungsgewicht bis November noch gut erreichen können. Nur Tiere, die im November noch kleiner sind als 600 g (etwa eine Handlänge) oder eindeutig krank, geschwächt, verletzt sind, dürfen in menschliche Obhut genommen werden. Es ist keineswegs statthaft oder auch nur wünschenswert, im Herbst alle Kleinigel "einzusammeln" und im Haus oder Keller überwintern lassen zu wollen. Dies darf und kann nur ein Notbehelf sein!

Nachfolgend möchten wir Ihnen zum Igelschutz im Winter einige wichtige Tipps geben, die Sie besonders auch mit Ihren Kindern durchsprechen sollten:

Igel dürfen nicht gefangen werden!

Auch das Naturschutzrecht verbietet das Einfangen von jungen Igeln, denn Igel gehören zu den besonders geschützten Tierarten. Diesen darf nach dem Gesetz weder nachgestellt noch dürfen sie gefangen, verletzt oder getötet werden; ihre Nist-, Wohn- oder Zufluchtstätten dürfen nicht beschädigt oder zerstört werden. Nur verletzte oder kranke Tiere dürfen aufgenommen werden, um sie gesund zu pflegen. Diese Tiere sind jedoch unverzüglich in die Freiheit zu entlassen, sobald sie sich dort selbständig erhalten können. Ein Verstoß gegen diese Vorschriften stellt eine Ordnungswidrigkeit dar und kann mit einer hohen Geldbuße bestraft werden.

Soll man Igel füttern?
Wenn die oben genannten Maßnahmen getroffen wurden, ist eine Igelfütterung normalerweise nicht nötig. Wenn man trotzdem seinem kleinen Freund eine Wohltat erweisen will, muss man daran denken, wovon sich der Igel natürlicherweise ernährt, nämlich hauptsächlich von Käfern, Raupen, Regenwürmern und Schnecken. Deshalb eignen sich am ehesten Hackfleisch oder Hühnerklein. Auch mit Dosenfutter für Hunde oder Katzen kann gefüttert werden, vermischt mit etwas Haferflocken, ungeschwefelten Rosinen oder Nüssen. Als besondere Leckerei 1-2 Weintrauben oder ein Scheibchen Banane. Damit Ihre Hauskatze dem nächtlichen Gast nicht seine Häppchen stiehlt, empfiehlt es sich, die Futterschüssel abzudecken (z. B. mit einer kleinen, umgekehrten Obsthorde, die man oben beschwert). Die Futtermenge sollte je nach Größe des Igels zwei bis drei gehäufte Esslöffel pro Tag nicht übersteigen. Zusätzlich kann noch etwas nicht gewürztes Rührei gegeben werden. Die beste Fütterungszeit ist abends, da Igel nachtaktive Tiere sind. Nicht vergessen werden sollte ein standfestes Schälchen mit frischem Wasser. Füttern Sie einem Igel bitte niemals Milch!!! Davon bekommt der Igel Durchfall, der für ihn tödlich sein kann. Für Igel, die Sie in Ihrem Garten überwintern lassen wollen gilt: auch wenn der neue Hausgast das Futter nicht mehr annimmt und offensichtlich in den Winterschlaf gegangen ist, sollten Sie sicherheitshalber noch zufüttern. Hierfür bieten sich dann diverse Igel-Trockenfutter an oder auch Katzentrockenfutter (erhältlich in Zoohandlungen), die unbeschränkt stehen bleiben können. Denn vielleicht weckt den Igel sein knurrender Magen, oder spielende Kinder oder Hunde stöbern ihn auf, auch steigende Temperaturen können ihm gefährlich werden. Findet er nach dem kräftezehrenden Prozess des Aufwachens kein Futter vor, waren Ihre früheren Bemühungen vergeblich.

Igel halten Winterschlaf:
Meist suchen Igel im November bei langandauernden Bodentemperaturen um Null Grad ihre Winterquartiere zum Winterschlaf auf. Das Nest wird oft in eine Erdmulde sehr kompakt gebaut. Das kugelförmige Innere wird mit einer Schicht aus Laub und Gras so ausgekleidet, dass kein Wasser eindringen kann. Das Nest schützt den Igel ausreichend vor Feuchtigkeit und Kälte. Während der Winterruhe nimmt der Igel keine Nahrung zu sich. Im Frühjahr werden die Igel nur zögernd munter und ziehen sich im April/Mai bei Schlechtwetterperioden für längere Zeit wieder in ihre Nester zurück. Der natürliche Lebensrhythmus des Igels wird von der Länge des Tages, der Bodentemperatur und der Feuchtigkeit gesteuert.

Igelquartier:
Der Igel ist ein Bewegungstier. Je nach Nahrungsangebot umfasst sein nächtliches Bewegungsareal bis zu 3 Fußballfelder. Dem von Ihnen aufgenommenen Igel können Sie einen solchen Platz natürlich nicht bieten. Das erforderliche Gehege sollte aber mindestens 1,5 qm betragen und 50 cm hoch sein. Es ist dabei unerheblich, ob Sie dieses Gehege aus Hartfaserplatten, festen Brettern oder zusammengestellten, durchgängigen Kartons bauen. Nicht geeignet sind jedoch Drahtgehege. Als Tierquälerei sind Badewannen, Aquarien, alte Duschwannen und dergleichen anzusehen.

Das Gehege wird mit alten Zeitungen ausgelegt, die täglich gewechselt werden muss. Nicht verwendet werden dürfen Katzenstreu, Vogelsand, Sägemehl, Sägespäne, Stroh, Styropor oder andere Kunstmaterialien. Auch Laub ist ungeeignet, da es keine Feuchtigkeit aufnimmt, der Igel somit in seinem eigenen Urin sitzt und sich die Füße verätzen kann. Als Schlafhaus stellen Sie dem Igel einen kleinen Karton (DIN A4-Format) mit einem 10x10cm Eingang in das Gehege. Der Karton wird gefüllt mit zerrissener Küchenrolle/Toilettenpapier, zerrissener Zeitung oder Papierstreifen aus dem Reißwolf (nicht quergeschnittenes, nur Längsstreifen). Folien- und Hochglanzpapier (z.B. Illustrierte) sind weder für das Gehege noch für das Häuschen geeignet.

Futter- und Wassernapf stellen Sie bitte direkt in das Gehege. Als Wassernapf eignen sich Blumenuntersetzer aus Ton / Porzellan oder flache Kompottschalen, nicht aber Plastiknäpfe, da diese sofort umgeworfen werden. Für das Futter können Sie eine alte Untertasse verwenden. Plastik ist auch hier ungeeignet, da besonders junge Igel häufig in den Tellerrand beißen. Bei Tieren unter 300 g Gewicht muss das Gehege in einem warmen Raum untergebracht werden, danach sollte das Gehege umgesetzt werden in einen kalten Raum z.B. Keller (nicht Ölkeller), Terrasse oder Balkon. Ungeeignet ist im Allgemeinen die Garage, da hier Benzin- und Öldünste auftreten.

Nach dem Winterschlaf im Garten:
Die ersten frühen Tulpen schließen ihre Blütenkelche, die Sonne verschwindet am Horizont, und die Kühle der Nacht ist bereits spürbar. Doch die Zeit der Nachtfröste ist vorbei, nur selten noch sinken die nächtlichen Temperaturen unter + 10°C.

So helfen Sie dem nützlichen Gartenbewohner über die kargen Frühlingswochen:
Richten Sie an einem leicht zu reinigenden Plätzchen (z. B. Ihrem Plattenweg oder der überdachten Terrasse) eine Futterstelle ein. Da der Igel als Insektenfresser einen hohen Eiweißbedarf hat, besteht die Hauptnahrung immer aus Fleisch (Hund-/Katzenfutter aus der Dose), dem noch Hundeflocken, Vitamintropfen (z. B. Multibionta) und (in Form von Weizenkleie und/oder Haferflocken) auch Ballaststoffe zugefügt werden. Und um die lästigen Zecken fernzuhalten, fügen Sie bitte noch ½ Teelöffel Leinöl hinzu.

Damit dem Igel seine Häppchen nicht von herumstreunenden Katzen gestohlen werden, sollten Sie den Futternapf wieder abdecken (umgedrehte Obsthorde, die oben beschwert wird, oder einen alten Unterteller auf den Futternapf legen). Zu trinken bekommt der Igel selbstverständlich wieder nur Wasser, niemals Milch, da diese einen meist tödlichen Durchfall hervorruft.

Sie haben im Herbst einen hilfsbedürftigen Igel aufgenommen und überwintert? Dann ist auch für diesen jetzt der Zeitpunkt der Freiheit gekommen

Stellen Sie bitte sein Schlafhaus am späten Nachmittag an eine gut geschützte Stelle Ihres Gartens, z. B. unter die Buchenhecke, verdeckt neben den Komposthaufen oder unter den Brombeerstrauch. Die meisten Igel genießen gern noch das Geborgenheitsgefühl, das dieser vertraute Platz ihnen gibt; ein neues Nest suchen sie sich oft erst nach einigen Tagen. Nach etwa einer Woche kontrollieren Sie das Häuschen: sollte es leer sein, werfen Sie es einfach weg. Wundern Sie sich aber nicht, wenn Ihr Igel noch immer dort schlafen sollte - manche fühlen sich so wohl darin, dass sie auch noch länger im Häuschen verbleiben.

Da viele "Überwinterer" bereits als Kleintiere aufgenommen wurden, müssen sie das "Beute machen" erst erlernen. In dieser Zeit (etwa 2-3 Wochen) ist der Igel weiterhin auf Ihre Fütterung angewiesen (siehe oben).

Bei Ihrem abendlichen Gang durch den Garten achten Sie jetzt bitte ganz besonders auf Gefahren für den stachligen Freund: offen stehende Kellerfenster, ungesicherte Lichtschächte, Gartenteiche und Swimmingpools (Ausstiegshilfen in Form einer "Hühnerleiter" oder mit einem Stück Maschendraht schaffen!), tiefe Bodenaushube u.ä. mehr. Natürlich ist es für Sie selbstverständlich, den alten Reisighaufen vor dem Verbrennen erst umzusetzen und den Kompost nur vorsichtig anzustechen - vielleicht liegt hier noch ein Igel im Winterschlaf. Und das alte Laub unter den Büschen - stört es Sie wirklich so sehr? Es ist nicht nur natürlicher Dünger für den Garten, sondern für den Igel auch ein willkommener Unterschlupf.

Der Igel dankt Ihnen Ihre Fürsorge, indem er Sie bei der Vernichtung unliebsamer Gartenbewohner (Asseln, Schnecken, Würmer etc.) emsig unterstützt.

Ist der Igelbestand gefährdet?
Die Hauptfortpflanzungszeit des Igels sind die Monate Juni bis August. Nach etwa 30 Tagen Tragzeit werden durchschnittlich vier bis fünf Junge geworfen. Manchmal erfolgt noch ein zweiter Wurf im Herbst. Die neugeborenen Igel sind blind und wiegen 15 bis 20 Gramm. Die ersten Stacheln erscheinen kurz nach der Geburt und sind weiß. Sie werden nach kurzer Zeit von längeren, braunen Stacheln überwachsen. Die jungen Igel werden etwa 40 Tage gesäugt. Kurz danach sind sie bereits selbständig und auch bei der Nahrungssuche auf sich selbst angewiesen. Sie haben dann ein Gewicht von rund 300 Gramm. Der relativ hohen Nachwuchsrate steht aber eine ebenfalls hohe natürliche Sterblichkeitsrate gegenüber. Es wird davon ausgegangen, dass 70 bis 80 Prozent der Jungigel nicht überleben. Die Sterblichkeitsrate der erwachsenen Tiere wird auf 20 bis 40 Prozent pro Jahr geschätzt. Dank der hohen Fortpflanzungsrate kann der Igel aber auch die Verluste durch den Straßenverkehr noch relativ gut ausgleichen. Man weiß aber, dass er durch Zerstörung seines Lebensraumes infolge der Verarmung der Kulturlandschaft und zunehmender Erschließungsmaßnahmen sowie durch verschiedene Umweltgifte, die durch menschliches Einwirken ins Nahrungsnetz gelangen, betroffen ist.

Zu guter Letzt sei aber nochmals ausdrücklich betont: Unsere Natur in einem "naturgemäßen" Zustand zu belassen, wäre die beste Hilfe für den Igel (und andere Kleintiere) überhaupt! "Saubermanns Garten" ist schon lange nicht mehr "in", sondern der Garten, in dem das Laub unter den Hecken liegen bleiben darf, abgeschnittene Äste und Reisig als Unterschlupf zur Verfügung stehen und - das Wichtigste - kein Schneckengift, keine Pestizide, Herbizide und sonstige -Insektizide benutzt werden. Alle diese Gifte vernichten nicht "irgendwelches Ungeziefer", sondern wichtige Glieder der Nahrungskette für unsere Igel, Vögel und sonstige Kleinsäuger. Und das in manchen Gegenden leider schon übliche herbstliche "Igelsammeln" ist nicht nur verboten, sondern für den Bestand der Tiere auch gefährlich! Die richtige Betreuung eines Igels erfordert nicht nur Zeit und Liebe, sondern auch sehr viel Sachkenntnis. Ein Wort zum Abschluss: Viele Menschen meinen, es sei falsch, ein krankes oder hungriges Wildtier zu pflegen, da man "damit gegen die Natur" handeln würde. Diesen Menschen sei entgegengehalten: Wo ist die Natur eigentlich noch so, wie sie sein sollte? In den letzten hundert Jahren hat der Mensch seine Umwelt so weit verändert oder sogar zerstört, dass es nirgendwo mehr Tiere gibt, deren Lebensraum nicht beeinträchtigt wurde. Es ist unser aller Pflicht, einem kranken Tier zu helfen und damit vielleicht einen winzigen Teil dessen auszugleichen, was wir zerstört haben. Die Stacheltiere werden es Ihnen danken.

Noch ausführlichere Informationen erhalten Sie ...

... auf der Homepage von

... in den Büchern
von
Monika Neumeier


ISBN
3440089541

oder


ISBN
9783440114810